Derzeit wird unsere Wahrnehmung von besonders vielen wichtigen Themen beherrscht. Zwischen Inzidenzen, Lockdowns und Schutzmaßnahmen muss das Leben weitergehen. Gerade auch durch alternative Geschäftsprozesse, die durch Geschäftsschließungen oder Meldevorgaben eingeführt wurden, sind Dauerthemen wie die Datennutzung und die dazugehörige technische sowie organisatorische Absicherung nochmals wichtiger geworden.
Die Fehler der Anderen
Um Sie vor Fehlern zu bewahren, sensibilisieren wir Sie für häufige und naheliegende Versäumnisse, die im Ernstfall zu empfindlichen Sanktionen führen können. Dazu haben wir nachfolgend einen kurzen Überblick jüngster Bußgelder für Sie zusammengestellt und die Fälle kurz beschrieben.
- UK, £250,000 Bußgeld für das Versenden von 2,670,140 Werbe-SMS an Betroffene ohne deren Einwilligung. Innerhalb von 41 Tagen gingen über 10,000 Beschwerden bei der Aufsicht ein. Außerdem waren die Absenderinformationen irreführend und der Verantwortliche (Leads Work Limited) ließ die Marketingaktion weiterlaufen, selbst als die Aufsichtsbehörde den Fall schon untersuchte. Da der Verantwortliche auch nicht kooperativ und transparent gegenüber der Aufsicht agierte, erkannte diese keine mildernden Umstände.
- UK, £50,000 Bußgeld für Muscle Foods Limited, wegen des Versendens von ca. 135,651,627 Werbemails und 6,354,425 Werbe-SMS ohne Einwilligungen, über einen Zeitraum von 7 Monaten.
- Polen, ca. 30,000 EUR Bußgeld für die Verletzung von Meldepflichten. Eine unberechtigte Person erhielt von einem Mitarbeiter des Verantwortlichen (Enea S.A.) eine E-Mail, welche die persönlichen Daten von hunderten Personen enthielt. Die Daten wurden zwar in einem passwortgeschützten, jedoch unverschlüsselten E-Mail-Anhang übermittelt. Der Verantwortliche hatte den Vorfall zudem geprüft und dabei aber selbst keine Datenschutzverletzung festgestellt, die eine Benachrichtigung erfordert hätte.
- Polen, in zwei Fällen Bußgelder (ca. 4,645 EUR und ca. 22,140 EUR) wegen der Verletzung der Pflicht zur Kooperation mit der Aufsichtsbehörde. Zum einen ging es um eine Stellungnahme zu einer Beschwerde einer betroffenen Person, zum anderen um die Aufklärung eines Datenschutzvorfalls im Zusammenhang mit einem Internetportal und der Erfassung der verwendeten TOM.
- Polen, ca. 22,275 EUR Bußgeld wegen des Fehlens angemessener TOM. Eine Datenbank der Nationalen Schule für Justiz und Staatsanwaltschaft mit über 50.000 Betroffenen wurde innerhalb einer Schulungsplattform unbefugt weitergegeben. Weiterhin wurde festgestellt, dass ein Auftragsverarbeiter einbezogen, aber die Vorgaben des Art. 28 DSGVO nicht eingehalten wurden. Die unzureichende Bezeichnung der Betroffenen und der verarbeiteten Daten bzw. Datenkategorien und die fehlende Verpflichtung zur Weisungsgebundenheit wurden dem Verantwortlichen angelastet und der Auftragsverarbeiter ausdrücklich nicht für die Datenschutzverletzung verantwortlich gemacht.
- Deutschland, 14,5 Millionen EUR Bußgeld gegen die Deutsche Wohnen SE noch nicht rechtskräftig. Wegen unberechtigter Verarbeitung von Mieterdaten wurde das Bußgeld von der Berliner Aufsichtsbehörde verhängt. Das Landgericht Berlin hob das Bußgeld auf, weil es nicht den Anforderungen des Deutschen Verwaltungsrechts, an die genaue Bezeichnung des Beschuldigten und der konkreten Tathandlung entsprach. Die Aufsichtsbehörde legte Beschwerde ein und hofft auf eine Klärung des Verhältnisses von DSGVO und nationalem Straf- bzw. Ordnungswidrigkeitenrecht. Die Entscheidung wird insbesondere für Konzerne mit internationalen Strukturen von großer Bedeutung sein.
- Deutschland, 10,4 Millionen EUR gegen notebooksbiller.de wegen unzulässiger Videoüberwachung von Beschäftigten. Aufgrund eines generellen Verdachts wurden Beschäftigte an Arbeitsplätzen, in Verkaufsräumen, Aufenthaltsbereichen und im Lager über 2 Jahre hinweg per Video überwacht und die Aufnahmen lange gespeichert. Die Aufsichtsbehörde verwies darauf, dass mildere Mittel zumindest geprüft werden und konkrete Verdachtsfälle bestehen müssen.
- Zypern, 40,000 EUR Bußgeld gegen die dortige Strombehörde wegen eines automatischen Systems zur Überwachung der gesundheitsbedingten Abwesenheit seiner Mitarbeitenden. Dabei wurden ohne gültige Rechtsgrundlage personenbezogene Daten nach Art 6 und 9 DSGVO verarbeitet und den Mitarbeitenden nicht ihr Widerspruchsrecht gem. Art. 21 DSGVO eingeräumt. Dies wäre erforderlich gewesen, da die Entscheidungsfindung Auswirkungen auf die Gesamtbewertung der Mitarbeitenden hatte.
- Norwegen, ca. 24,000 EUR Bußgeld gegen einen unbenannten Verantwortlichen für die Weiterleitung einer E-Mail. Diese an einen Mitarbeiter adressierte E-Mail wurde an ein allgemeines Postfach des Unternehmens weitergeleitet. Dafür gab es keine Rechtsgrundlage und der Verantwortliche hatte keine Maßnahmen (TOM) implementiert, den Zugriff auf E-Mails zu regeln.
- Spanien, 9,000 EUR Bußgeld gegen einen unbenannten Verantwortlichen für die Veröffentlichung eines Fotos auf der Webseite ohne die Einwilligung der Betroffenen. Zudem wurden die Informationspflichten (Art. 13 DSGVO) bei Erhebung der Daten nicht erfüllt.
- Spanien, 200,000 EUR Bußgeld gegen Vodafone wegen Kontaktaufnahme via E-Mail trotz vorangegangenen Löschungsverlangens der Betroffenen. In Anbetracht der fehlenden Rechtsgrundlage im Einzelfall und zwei ähnlicher vorangegangener Fälle, wurde die Strafe verhängt. Da Vodafone einlenkte, wurde sie deutlich auf 120,000 EUR reduziert.
- Italien, 50,000 EUR Bußgeld gegen die Gesundheitsbehörde der Emilia-Romagna für unterlassene Sicherungsmaßnahmen (TOM). Krankenhausmitarbeiter haben Familienangehörige kontaktiert und ihnen Gesundheitsdaten mitgeteilt. Da es keine gültige Rechtsgrundlage gab, stellte dies eine Datenschutzverletzung dar. Der Verantwortliche hatte keine Maßnahmen zur Datenverwaltung und eventuellen Herausgabe getroffen.
- Italien, 30,000 EUR Bußgeld gegen eine Gesundheitsbehörde wegen der Verwendung eines Fingerabdrucksystems zur Anwesenheitskontrolle. Die Fingerabdrücke von 2,000 Mitarbeitenden wurden mit deren Personaldaten verknüpft und dazu genutzt, die Anwesenheitszeiten zu überwachen. Die verwendeten Einwilligungen der Mitarbeitenden waren zweifelhaft hinsichtlich ihrer Freiwilligkeit und der notwendigen Informationen an die Betroffenen. Die Aufsicht untersagte die weitere Datenverarbeitung.
- Italien, 300,00 EUR Bußgeld wegen unrechtmäßiger Verarbeitung personenbezogener Daten im Zusammenhang mit der Ausschüttung von COVID-19-Hilfen. Das Nationale Institut für Sicherheit (INPS) hatte Daten von Personen, die politische Positionen innehatten, mit Daten von Personen, die COVID-19-Hilfen beantragt hatten, abgeglichen. Dabei wurden Rechtmäßigkeit und Transparenz nicht ausreichend sichergestellt und eine angesichts der sensiblen Daten notwendige DSFA unterlassen.
Fazit
Aus der Zusammenstellung wird deutlich, dass die Kooperation mit der Aufsicht stets hohe Priorität hat. Die polnische Entscheidung zur Verantwortlichkeit für AV-Verträge ist für jeden Auftraggeber alarmierend, der sich auf die Dokumente der Dienstleister verlässt oder die entsprechenden Punkte ohne eigene Kontrolle vom Dienstleister ausfüllen lässt. Fehlende oder unzureichende Rechtsgrundlagen sind ein Klassiker, führen deshalb im Wiederholungsfall oder in Verbindung mit Daten nach Art. 9 DSGVO zu deutlich schärferen Maßnahmen der Aufsichtsbehörden. Die COVID-19-Pandemie machte viele Anpassungen und neue Perspektiven notwendig. Doch das Beispiel aus Italien zeigt eindrucksvoll, dass der Datenschutz durch die Pandemie nicht ausgesetzt wurde.
Stefan Effmert
Legal Advisor
Consultant Data Protection
Im Zuge eines Kundenprojekts konnte das Research Team der it.sec GmbH eine bisher unbekannte Schwachstelle im SharePoint Server identifizieren und auszunutzen. Hierbei handelte es sich um die Manipulation eines Requests, welcher vom SharePoint selbst erstellt wurde. Die Schwachstelle wurde seitens Microsoft als Cross Site Scripting (XSS) deklariert.
Die Schwachstelle befand sich in der Foto-Funktion des angemeldeten Benutzers. Beim Hochladen eines neuen Profilbilds wurde die Datei auf dem Server abgelegt. In einem zweiten Schritt hatte der Benutzer die Möglichkeit das Bild zu ändern oder das angezeigte Bild zu speichern. Der Request zum Speichern des Bildes enthielt einen Parameter, welcher die URL zum hochgeladenen Bild als Wert hatte. Der Inhalt des übergebenen Parameters wurde jedoch nicht serverseitig validiert, sodass eine beliebige URL übergeben werden konnte.
Folglich wurde diese URL von jedem Benutzer aufgerufen, sobald eine Seite angezeigt wurde, welche das Bild des Angreifers anzeigte.
Auch wenn es sich hierbei nicht um eine direkte Ausführung von JavaScript handelte, war es doch möglich verschiedene Informationen zu erhalten und dem Unternehmen zu schaden. Die folgenden vier Beispiele zeigen das Angriffspotenzial dieser Schwachstelle.
1. Denial of Service (DoS)
Hierbei könnte durch die Interaktion mit vielbesuchten Seiten, durch das Einbetten des Profilbilds, ein Link zu großen Dateien eingebunden werden. Dieser Netzwerkverkehr könnte z.B. zu einem Denial of Service (DoS) des aufrufenden Benutzers führen. Sollten mehrere Nutzer diese Seite aufrufen, könnte es unter Umständen zu einem vollen Ausnutzen der Bandbreite oder zu einer Überlastung des Firmen-Proxies oder der Firewall kommen.
2. Tracking (GDPR)
In der Standardkonfiguration des SharePoints mit dem Microsoft IIS Webserver wird der gesamte Referrer mitgesendet. Dies kann je nach Applikation sensible Daten enthalten, welche dann gespeichert und ausgewertet werden könnten.
3. Verschleiern von Angriffen
Das Einbinden einer beliebigen URL könnte auch von einem Angreifer genutzt werden, um andere Firmen anzugreifen. Hierbei könnte eine XSS-Schwachstelle oder eine DoS-Schwachstelle auf einer anderen Seite identifiziert worden sein. Der Angriff würde dann durch SharePoint Benutzer ausgeführt ohne dass diese es bemerken.
4. Reputationsschaden
Sollte der Link z.B. zu einer intern gesperrten Ressource führen, würde eventuell der aufrufende Benutzer wegen auffälligen Verhaltens gesperrt bzw. könnten diese persönlich in Verbindung mit dem Aufruf von beliebigen Seiten gebracht werden.
Die Schwachstelle (CVE-2020-1456) wurde bereits behoben und ein Security Patch steht bereit. Wir raten allen SharePoint Betreibern Sicherheitsupdates stets zeitnah zu installieren, um bekannte Schwachstellen zu beheben.
Ihr it.sec Research Team
Mit Beschluss vom 18.06.2018 hat das Oberlandesgericht (OLG) Köln eine viel diskutierte Frage zur Anwendung des KUG nach Inkrafttreten der DSGVO beantwortet. Danach gilt das KUG weiterhin als Rechtsgrundlage für die Bildberichterstattung, ohne eine Einwilligung der fotografierten und gezeigten Personen. Dies bestätigte auch die bayerische Aufsichtsbehörde für Datenschutz. § 23 KUG erlaubt die Veröffentlichung von Personenfotos ohne Einwilligung der betroffenen Personen, zum Beispiel bei Versammlungen an der die Personen teilgenommen haben.
Der Entscheidung lag der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zugrunde. Mit dem Antrag sollte die Veröffentlichung eines Fotos in einem Fernsehbeitrag verhindert werden. Das Foto zeigte den Antragsteller im Zusammenhang mit der Räumung eines Gebäudes. Der Antrag wurde zurückgewiesen, die nachfolgende sofortige Beschwerde blieb ebenfalls erfolglos. Die umfangreichen Abwägungsmöglichkeiten des KUG ermöglichen, so dass OLG Köln, die Berücksichtigung der Grundrechtspositionen nach Unionsrecht. Das KUG bildet jedoch nicht die rechtliche Grundlage für die Erfassung der Daten, also das Fotografieren und es befreit nicht von den Informationspflichten. Die Information liegt im Beschäftigtenverhältnis in der Regel vor. Bei fremden Personen kann sie entbehrlich sein, wenn die Personen auf der Veranstaltung damit rechnen müssen, dass Fotos gemacht werden. Als Rechtsgrundlage für die Erhebung wird Art. 6 Abs. 1 lit f) DSGVO heranzuziehen sein. Dem berechtigten Interesse der (professionellen) Fotografen, ihren künstlerischen Beruf auszuüben, steht kein schutzwürdiges Interesse der Betroffenen gegenüber. Wie so oft, ist jedoch immer der Einzelfall zu betrachten und die beidseitigen Interessen sind sorgfältig abzuwägen.
Die Entscheidung bedeutet auch eine Erleichterung für die Veröffentlichung von Fotos von Firmenevents wie Hausmessen, Messen, Fortbildungen, Sommerfesten, etc. im Intranet, Internet oder in einer Betriebszeitung.
Michaela Dötsch
Rechtsanwältin