Die große Bußgeldwelle nach Inkrafttreten der europäischen Datenschutzgrundverordnung im Jahr 2018 ist ausgeblieben. Jetzt, fast drei Jahre danach steigt die Zahl der erfassten Verstöße und die damit verbundenen Bußgelder stetig. Im Jahr 2020 verhängten die europäischen Bußgeldbehörden gemeinsam Bußgelder in Höhe von 158,5 Millionen € wegen Verstößen gegen das europäische Datenschutzrecht.
Schaut man sich die Zahlen der erfassten Verstöße an, sieht man einen deutlichen Zuwachs im Vergleich zu den Jahren zuvor, seit Mai 2018. Tatsächlich stieg die Zahl um 39%!
Im europäischen Vergleich sind, wie auch vor der DSGVO deutliche Unterschiede zu erkennen. Nicht nur die Zahlen der Verstöße, gerade der unterschiedliche Umgang mit diesen wird deutlich.
Die meisten Verstöße sind mit 77.747 Fällen in Deutschland dokumentiert. Bezieht man die gemeldeten Verstöße aber auf die Einwohnerzahl, liegt Dänemark mit 155,6 gemeldeten Verstößen pro 100.000 Einwohner vor allen anderen Mitgliedstaaten. Aus diesen Zahlen sollte man allerdings nicht voreilig folgern, dass in Deutschland oder Dänemark ein besonders niedriges Datenschutzniveau herrscht.
Zum Vergleich: Im gleichen Zeitraum gab es in Frankreich 5389 und in Italien lediglich 3460 geahndete Fälle. Interessanterweise belegt Italien aber bei der Gesamtsumme von verhängten Bußgeldern den ersten Platz mit insgesamt 69 Millionen Euro.
Dies macht deutlich wie unterschiedlich die DSGVO durch die Datenschutz- und Bußgeldbehörden ausgelegt wird. Denn oftmals bedeutet die Meldung eines Datenschutzvorfalls nicht gleich ein Bußgeld für den Verantwortlichen.
Fazit:
Die Höhe und der Anstieg der geahndeten Fälle und die Summe der verhängten Bußgelder zeigt, dass die Zeit der nachsichtigen Aufsichts- und Bußgeldbehörden ein Ende nimmt. Unternehmen hatten ausreichend Zeit ihr Datenschutzmanagement aufzustellen und damit die Rechte der betroffenen Personen zu schützen.
Im Jahr 2021 ist davon auszugehen, dass es erneut zu mehr Bußgeldern kommen wird. Die Probleme, welchen sich Unternehmen aufgrund des Coronavirus gegenübersahen, werden dieses Jahr nicht mehr als Ausrede taugen, sodass gegen datenschutzrechtliche Verstöße konsequenter vorgegangen werden muss.
Jan Brinkmann
Consultant für Datenschutz
Volljurist
Die DSGVO sieht im öffentlichen Bereich Regelungsaufträge und Öffnungsklauseln vor, die die Mitgliedstaaten ermächtigen, in einigen Bereichen eigene Regelungen zu erlassen. Das BayDSG wurde daher neu gefasst und ist am 25.05.2018 in Kraft getreten.
Die Regelungssystematik, nach der bayerische öffentliche Stellen personenbezogene Daten verarbeiten dürfen, ist eher ein Regelungschaos:
Sofern diese Stellen personenbezogene Daten verarbeiten, gilt die DSGVO, Art. 2 S. 1 BayDSG. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz besteht, wenn es eine anderweitige Regelung gibt, Art. 2 Abs. 1 S. 1 BayDSG. Diese anderweitige Regelung kann sich aus dem BayDSG selbst ergeben (z.B. Art. 2 S. 2 BayDSG) oder auch aus bereichsspezifischen Rechtsvorschriften, die dem BayDSG vorgehen, Art. 1 Abs. 5 BayDSG. Beispiele für bereichsspezifische Rechtsvorschriften sind z.B. Regelungen der DSGVO selbst oder Art. 103 ff. Bayerisches Beamtengesetz (BayBG). Hierbei muss immer beachtet werden, dass diese anderweitigen Regelungen oder bereichsspezifischen Rechtsvorschriften der DSGVO nicht widersprechen.
Der Bayerische Landesbeauftragte für den Datenschutz sagt in einem Überblick hierzu: „Der Regelungsgehalt des neuen Bayerischen Datenschutzgesetzes ist aus sich heraus in der Regel nicht mehr verständlich“ und die „Regelungssystematik (…) anspruchsvoll.“
Die wichtigsten Vorschriften zum BayDSG, bezogen auf die DSGVO, sollen nachfolgend dennoch aufgelistet werden:
Anwendungsbereich: Die Vorschriften des BayDSG gelten für Behörden und sonstige öffentliche Stellen in Bayern, Art. 1 Abs. 1 S. 1 BayDSG.
Für nicht-öffentliche Stellen sowie öffentliche Stellen, die als Unternehmen am Wettbewerb teilnehmen, gelten die Vorschriften des BayDSG nicht, Art. 1 Abs. 3 S. 1 BayDSG. Ausnahmen:
- Für nicht-öffentliche Stellen, die hoheitliche Aufgaben der öffentlichen Verwaltung in Bayern wahrnehmen, gelten die Vorschriften BayDSG, Art. 1 Abs. 4 BayDSG.
- Art. 38 BayDSG gilt auch für nicht-öffentliche Stellen, Art. 1 Abs. 1 S. 4 BayDSG.
Zuständige Aufsichtsbehörde für sämtliche öffentliche Stellen, d.h. auch solche, die als Unternehmen am Wettbewerb teilnehmen, ist der Bayerische Landesbeauftragte für den Datenschutz, Art. 1 Abs. 3 S. 2 BayDSG.
Bußgelder: Gegen öffentliche Stellen werden keine Bußgelder verhängt, wenn sie gegen datenschutzrechtliche Bestimmungen verstoßen, Art. 22 BayDSG. Eine Ausnahme besteht gegenüber öffentlichen Stellen, die als Unternehmen am Wettbewerb teilnehmen.
Datengeheimnis: Die Beamten sowie nicht-verbeamteten Beschäftigten der öffentlichen Stellen sind zur Wahrung des Datengeheimnisses zu verpflichten. Diese Pflicht besteht auch nach Beendigung ihrer Tätigkeit bei der öffentlichen Stelle fort, Art. 11 BayDSG.
Datenverarbeitung:
- Die Erhebung personenbezogener Daten bestimmt sich nach Art. 4 Abs. 1, Abs. 2 BayDSG. Es gilt ein Direkterhebungsgebot.
- Die Verarbeitung der personenbezogenen Daten bestimmt sich nach Art. 4 Abs. 1 BayDSG.
- Die Übermittlung bzw. Offenlegung personenbezogener Daten bestimmt sich nach Art. 5 BayDSG. Hiermit ist wohl nicht nur die Datenübermittlung an Dritte, sondern generell die Offenlegung gegenüber Empfängern (z.B. auch Auftragsverarbeitern) gemeint.
- Die spätere Verarbeitung personenbezogener Daten zu geänderten Zwecken (Weiterverarbeitung) bestimmt sich nach Art. 6 Abs. 2 BayDSG.
- Die Einrichtung automatisierter Verfahren zur Übermittlung personenbezogener Daten durch Abruf oder der gemeinsame Betrieb automatisierter Verfahren i.S.v. Art. 26 DSGVO bestimmt sich nach Art. 7 BayDSG.
- Die Verarbeitung besonderer Kategorien personenbezogener Daten i.S.v. Art. 9 Abs. 1 DSGVO bestimmt sich nach Art. 8 BayDSG.
- Die Verarbeitung personenbezogener Daten im Rahmen der Videoüberwachung bestimmt sich nach Art. 24 BayDSG.
- Die Verarbeitung personenbezogener Daten zu journalistischen, künstlerischen oder literarischen Zwecken bestimmt sich nach Art. 38 BayDSG. Diese Vorschrift gilt für öffentliche und nicht-öffentliche Stellen, Art. 1 Abs. 1 S. 4 BayDSG.
- Bei der Löschung personenbezogener Daten ist zusätzlich Art. 26 Abs. 6 BayDSG zu beachten.
Auftragsverarbeitung: Es gilt Art. 28 DSGVO. IT-Dienstleister, die die Prüfung und (Fern-)Wartung von Datenverarbeitungssystemen und -anlagen übernehmen, gelten als Auftragsverarbeiter, Art. 5 Abs. 3 S. 1 BayDSG.
Joint Control: Es gilt Art. 26 DSGVO, ergänzt durch Art. 7 Abs. 2 BayDSG.
Informationspflichten: Die betroffenen Personen müssen über die Datenverarbeitung informiert werden gemäß Art. 13, 14 DSGVO („mit deren Kenntnis“, Art. 4 Abs. 2 S. 1 BayDSG).
Ausnahmen von der Informationspflicht sind gemäß Art. 4 Abs. 2 S. 4, Art. 9 BayDSG vorgesehen für die Fälle von Art. 4 Abs. 2 Nr. 1, Nr. 2 BayDSG, Art. 6 Abs. 2 Nr. 3 lit. a), b), d) BayDSG. Eine Ausnahme kann ggf. auch für den Fall von Art. 10 Abs. 1 S. 2 BayDSG bestehen.
Auskunftsrecht: Betroffene Personen haben in den Fällen des Art. 10 Abs. 1 S. 1 und 2, Abs. 2 Nr. 1 bis 5 lit. a), b) BayDSG kein Recht, Auskunft zu den über sie verarbeiteten personenbezogenen Daten zu verlangen.
Benachrichtigungspflicht aus Art. 34 DSGVO: Die Benachrichtigung betroffener Personen über Datenschutzverletzungen kann in den Fällen von Art. 6 Abs. 2 Nr. 3 lit. a), b), d) BayDSG unterbleiben, Art. 13 BayDSG.
Verzeichnisses von Verarbeitungstätigkeiten: Das Führen eines solchen Verzeichnisses wird in Art. 2 S. 2 BayDSG eingeschränkt.
Datenschutz-Folgenabschätzung: Die Pflicht zur Durchführung einer Datenschutz-Folgenabschätzung wird in Art. 2 S. 2 sowie Art. 14 BayDSG eingeschränkt.
S. Kieselmann
Beraterin für Datenschutz
Dipl.sc.pol.Univ.
Die Übermittlung personenbezogener Daten aus Europa in die USA ist in Zeiten von Cloud-Diensten und internationalen Unternehmen ein wichtiges Thema.
Gemäß dem Durchführungsbeschluss (EU) 2016/1250 der Europäischen Kommission vom 12.07.2016 bieten US-Unternehmen, die eine Privacy Shield-Zertifizierung besitzen, ein angemessenes Datenschutzniveau. Eine Übermittlung personenbezogener Daten ist dann gemäß Art. 45 DSGVO zulässig. Diese Zertifizierung muss erst durch die Unternehmen erworben werden, somit ist nicht jedes Unternehmen aus den USA zwingend auch nach den Richtlinien des Privacy-Shields zertifiziert.
Unter dem folgenden Link kann geprüft werden, ob das US-Unternehmen, dem man Daten übermitteln möchte, eine Privacy-Shield-Zertifizierung aufweist: https://www.privacyshield.gov/list.
Aufgrund der Abreden zum EU-US Privacy Shield müssen diese US-Unternehmen den betroffenen Personen verschiedene Rechte einräumen, welche dann direkt gegenüber den zertifizierten Unternehmen geltend gemacht werden können.
Bei vermuteten Datenschutzverstößen kann man sich auch an die nationalen Aufsichtsbehörden wenden. Die Berliner Beauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit hat hierzu ein Beschwerdeformular veröffentlich, welches mit den anderen europäischen Datenschutzbehörden abgestimmt wurde. Auch die Aufsichtsbehörden von Bayern, NRW und Baden-Württemberg haben ebenfalls entsprechende Formulare veröffentlicht. Dieses gilt allerdings nur für Beschwerden gegenüber privaten Unternehmen. Sollte eine betroffene Person befürchten, dass auf ihre personenbezogenen Daten durch US-amerikanische Sicherheitsbehörden oder Nachrichtendienste zugegriffen wurde, kann auch dies einer Prüfung unterzogen werden. Für ein solches Vorgehen steht ein separates Formular zur Verfügung. Entsprechende Fälle werden dann durch eine Ombudsperson des US-Außenministeriums bearbeitet.
Die entsprechenden Formulare sind u.a. auf der Internetseite der Berliner Beauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit unter https://datenschutz-berlin.de/content/eu-us-privacy-shield-informationen-und-beschwerdemoeglichkeiten abrufbar.
Lisa Benjowski
Informationsjuristin (LL.B.), Consultant für Datenschutz
Widerspruchsrecht der betroffenen Person:
Die betroffene Person hat gemäß Art. 21 Abs. 1 DSGVO das Recht,
- der weiteren Verarbeitung ihrer personenbezogenen Daten oder einem Profiling
- auf Grundlage von Art. 6 Abs. 1 lit. f) oder e) DSGVO
jederzeit zu widersprechen, sofern sich hierfür
- aus der besonderen persönlichen Situation der betroffenen Person schutzwürdige Interessen am Ausschluss der Datenverarbeitung oder des Profilings ergeben und
- der Verantwortliche keine zwingenden schutzwürdigen Gründe für die weitere Verarbeitung oder das Profiling nachweisen kann.
Ebenso hat die betroffene Person gemäß Art. 21 Abs. 2 DSGVO jederzeit das Recht, der Verarbeitung ihrer Daten oder dem Profiling zum Zwecke der Direktwerbung zu widersprechen.
Der Verantwortliche muss die betroffene Person spätestens zum Zeitpunkt der ersten Kommunikation ausdrücklich auf das ihr zustehende Widerspruchsrecht hinweisen gemäß Art. 21 Abs. 4, Art. 13 Abs. 2 lit. b), Art. 14 Abs. 2 lit. c) DSGVO.
Widerrufsrecht der betroffenen Person:
Der betroffenen Person steht gemäß Art. 7 Abs. 3 S. 1 DSGVO ein Widerrufsrecht mit Wirkung für die Zukunft gemäß Art. 7 Abs. 3 S. 2 DSGVO zu aufgrund ihrer freiwillig im Rahmen einer Einwilligung i.S.v. gemäß Art. 6 Abs. 1 lit. a) oder Art. 9 Abs. 2 a) DSGVO abgegebenen personenbezogenen Daten.
Der Verantwortliche muss die betroffene Person über ihr Widerrufsrecht vor Abgabe ihrer Einwilligung in Kenntnis setzen gemäß Art. 7 Abs. 3 S. 3, Art. 13 Abs. 2 lit. c), Art. 14 Abs. 2 lit. d) DSGVO.
S. Kieselmann
Beraterin für Datenschutz
Dipl.sc.pol.Univ.