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Privacy Shield bleibt unangetastet?

Mit Spannung haben die Datenschützer in Europa auf den Dezember 2019 gewartet, sollte doch der Schlussantrag des Generalanwalts im Verfahren C-311/18 ein Indiz dafür geben, ob der Datenaustausch mit den USA weiterhin auf den Privacy Shield gestützt werden kann, ja ob der Privacy Shield an sich überhaupt die Qualität hat, die Daten der EU-Bürger in den USA sicher zu schützen.

Doch es kam anders.

Ausgangsfrage

Eigentlich geht es in dem Verfahren nämlich gar nicht um den Privacy Shield, sondern um die Standardvertragsklauseln gem. Beschluss 2010/87/EU. Der Beschwerdeführer Herr Schrems beruft sich im Wesentlichen auf die Unangemessenheit dieser vertraglichen Garantien unter Hinweis auf die Eingriffe in die Ausübung seiner Grundrechte, die sich aus der Tätigkeit der amerikanischen Nachrichtendienste ergeben. Daher sollte der EuGH in einer Vorabentscheidung prüfen, ob in den USA ein angemessener Schutz der Daten von Unionsbürgern sichergestellt ist und falls nicht, im Anschluss feststellen, ob dann ggfs. ein Rückgriff auf den Privacy Shield zulässig sei mit der Folge, dass dieser ebenfalls auf dem Prüfstand stünde.

Wirksamkeit der Standardvertragsklauseln

Der Generalanwalt stellte fest, dass die Standardvertragsklauseln nicht bereits dadurch unwirksam würden, weil diese die Behörden im Drittland nicht selbst zur Einhaltung der in den Standardvertragsklauseln niedergelegten Grundsätze verpflichten. Es müsse vielmehr untersucht werden, ob eine Pflicht für den Verantwortlichen oder die jeweilige Kontrollstelle (in der Regel die Aufsichtsbehörde) bestünde, die Übertragung auszusetzen oder zu verbieten, sofern die Standardvertragsklauseln aufgrund des Rechtes des Drittlandes nicht eingehalten werden könnten. Dies sei durch Art. 58 Abs. 2 litt. f) und j) DSGVO sichergestellt, so dass die datenschutzrechtlichen Belange der Unionsbürger ausreichend gewahrt seien. In der zu überprüfenden Entscheidung gehe es damit ausschließlich um die Frage, ob die irische Aufsichtsbehörde im konkreten Fall ihren Befugnissen zur Ergreifung von Maßnahmen korrekt nachgekommen sei. Konkret: Die irische Aufsichtsbehörde hätte die Befugnisse der nationalen Sicherheitsbehörden in den USA selbst abwägen sollen und je nach Ergebnis dann die Übermittlung der Daten erlauben oder verbieten können. Dies zu beurteilen, sei jedoch Aufgabe des vorlegenden Gerichts.

Wirksamkeit des Privacy Shields

Eine Entscheidung zur Wirksamkeit des Privacy Shields hält der Generalanwalt in diesem Verfahren folgerichtig nicht für notwendig, da der vorliegende Rechtsstreit ausschließlich die korrekte Anwendung der DSGVO durch die Irische Aufsichtsbehörde betreffe. Zudem verweist der Generalanwalt auf die offene Rechtssache T-738/16, eine Nichtigkeitsklage die Gültigkeit des Privacy Shields betreffend. Ob die Ausführungen, die der Generalanwalt hilfsweise in seinem Schlussantrag zur Wirksamkeit des Privacy Shields gemacht hat, dort ebenfalls Berücksichtigung finden werden, bleibt abzuwarten.

Pragmatismus

Bereits zu Beginn seiner Stellungnahme wies der Generalanwalt darauf hin, dass seine Analyse ein vernünftiges Maß an Pragmatismus enthalte, um die Interaktion mit anderen Teilen der Welt zu ermöglichen („reasonable degree of pragmatism in order to allow interaction with other parts of the world“). Es bleibt zu hoffen, dass das zweite Ziel, nämlich die Notwendigkeit, die in den Rechtsordnungen der EU anerkannten Grundwerte durchzusetzen, hierbei nicht auf der Strecke bleibt.

Im Lichte des Pragmatismus wäre es jedenfalls für die Rechtsanwender, die Unternehmen und die Datenschutzbeauftragten deutlich einfacher gewesen, der Generalanwalt hätte schon jetzt eine deutliche Empfehlung hinsichtlich der Wirksamkeit des Privacy Shields ausgesprochen. Stattdessen möchte er die konkrete Entscheidung, ob die Rechte von Unionsbürger in einem Drittland ausreichend gewahrt werden, und welche Maßnahmen im gegenteiligen Fall zu treffen sind, den mehr als 40 verschiedenen Datenschutz-Aufsichtsbehörden selbst überantworten.

Vielleicht hat der EuGH ja ein Einsehen mit den vor allem europaweit vertretenen Unternehmen, die sich gerne an die gesetzlichen Vorgaben halten möchten und denen es aus unserer Sicht nicht zugemutet werden kann, sich ggfs. je nach unterschiedlicher Auffassung der lokalen zuständigen Aufsichtsbehörde unterschiedlich zu verhalten.

Wir werden Sie wie immer über die aktuellen Entscheidungen auf dem Laufenden halten.

C. Lürmann

Rechtsanwältin

Consultant für Datenschutz

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